Zwischen Heißzelle und digitalem Zwilling: Florians Bachelorarbeit bei CTS

12. Mai 2025

Wie automatisiert man einen Prozess, den man nicht einmal beobachten darf?


Florian hat bei cts seine Bachelorarbeit geschrieben – über die Entwicklung eines digitalen Zwillings für eine roboterbasierte Bestückung in der Nuklearmedizin. Seine Lösung bringt Bewegung in ein sensibles Umfeld, in dem jede Sekunde zählt – und jeder Fehler teuer sein kann.

Wer ist Florian – und wie kam es zum Projekt?

Florian studierte Elektro- und Informationstechnik an der TH Rosenheim. Mit einer klaren Idee kam er initiativ auf CTS zu: eine Robotersteuerung auf Basis industrieller SPS – gekoppelt mit einem digitalen Zwilling.

„Ich wusste, dass ich was Eigenes umsetzen will. Als ich das Projekt rund um den OVD gesehen habe, war sofort klar: Das passt perfekt.“

Der sogenannte OVD (Open Vial Dispenser) automatisiert bereits die Dosierung radioaktiver Wirkstoffe. Doch die Bestückung davor erfolgt bislang manuell – und genau hier setzte Florians Arbeit an.

Die Herausforderung: Automatisierung hinter Blei

Die Besonderheit in der Nuklearmedizin: Einfache Sichtprüfungen oder manuelle Eingriffe sind nach der ersten Befüllung von Vials in der Heißzelle kaum möglich – Strahlenschutz und Halbwertszeiten lassen keine schnellen Eingriffe zu. Ein digitaler Zwilling schafft Abhilfe: Durch exakte Simulation von Bewegungsabläufen können komplexe Prozesse geplant, validiert und getestet werden. Zudem ermöglicht er ein ortsunabhängiges Condition Monitoring, sodass der gesamte Prozess jederzeit und von überall aus überwacht werden kann

Man kann mit dem digitalen Zwilling quasi durch die Heißzelle sehen – ohne sich einer Gefahr auszusetzen. Das Durchsehen durch die Heißzelle ermöglicht remote condition monitoring, was die Bediener weiter schützt und den Prozess sicherer macht."

Dabei steht die Bestückung des OVD-Systems (Open Vial Dispenser) im Zentrum der Lösung: Der OVD automatisiert die Dosierung radioaktiver Substanzen in Vials – ein Prozess, der höchste Präzision und Sicherheit verlangt. Florians Arbeit ergänzt das bestehende System um eine automatisierte Zuführung der Vials – und erweitert so das Automatisierungspotenzial des gesamten Prozesses.


👉 Mehr zum OVD-System und seiner Rolle in der Nuklearmedizin finden Sie hier.

Die Lösung: Robotersteuerung mit digitalem Zwilling

Ziel der Arbeit war die Entwicklung einer Robotersteuerung für die automatisierte Bestückung – in Kombination mit einem eigenentwickelten digitalen Zwilling, der die Bewegungen des Roboters in Echtzeit repräsentiert.


Besonders wichtig war dabei die präzise Darstellung der Kinematik: Gerade bei einem 6-Achs-Knickarmroboter lässt sich die räumliche Bewegung nicht mehr intuitiv nachvollziehen. Der digitale Zwilling hilft genau dabei – er visualisiert die Bewegung, wodurch Bewegungsabläufe virtuell getestet und geprüft werden können.


Wenn man am Bildschirm visuell und gefahrenlos nachvollziehen kann, wie sich der Roboter im Raum bewegt, kann man die Steuerung viel schneller und sicherer entwickeln.“

Die technische Umsetzung: SPS und Simulation

Florian setzte auf industrielle Steuerungstechnik – Erprobte SPS-Technik anstatt kostenspieliger Steuerungsetwicklung. Das erleichtert die parallele Anbindung an andere Anlagen und eröffnet große Vorteile bei Kommunikation und Skalierbarkeit.

Statt vieler dezentraler Robotersteuerungen, wie sie in der konventionellen Robotik üblich sind, lassen sich so mehrere Roboter sowie angrenzende Fertigungsanlagen zentral über eine gemeinsame Steuerung integrieren.


„Man arbeitet in beiden Welten – das macht das Projekt so vielseitig. Und durch die Umsetzung auf einer SPS haben wir maximale Integrationstiefe in der Anlage.“

Komplexe Datenflüsse – sauber gelöst

Die größte Herausforderung? Die Datenanbindung zwischen Steuerung und Zwilling. Während die reale Robotersteuerung mit wenigen Werten auskommt, muss der digitale Zwilling auch für größere Anlagen wiederverwendbar und Skalierbar bleiben.


„Ein zyklischer Austausch von über 1.000 Datenpunkten innerhalb von 10 Millisekunden ist ohne Probleme möglich“ – damit lassen sich komplette Fertigungslinien virtuell abbilden", erklärt Florian stolz seine Entwicklung.

Eigenverantwortlich, aber nicht allein

Begleitet wurde Florian von Fabian und Daniel aus dem cts-Team – mit klarem Rahmen, aber viel Freiraum.

„Wir haben feste Ziele definiert, aber ich konnte mich komplett selbstständig durcharbeiten. Das ist eine riesige Chance – man wird ernst genommen und bringt wirklich etwas voran.“

Neben einem lauffähigen System und einem überzeugenden digitalen Zwilling bleibt vor allem eines: echtes Potenzial für die Zukunft. Die Technologie lässt sich skalieren – für andere Anlagen, ganze Linien oder zusätzliche Funktionalitäten wie Hardware-in-the-loop-Simulation oder Condition Monitoring.


„Wenn man das Grundgerüst einmal aufgebaut hat, ist der Weg nach oben offen. Das System ist extrem frei und flexibel.“

Persönlicher Abschluss – aus Holz

Zum Abschluss der Bachelorarbeit überreichte Florian ein personalisiertes Brotzeitbrett – als kleines Dankeschön. Gefräst, graviert und symbolisch.



„Das Projekt war etwas Besonderes. Ich wollte etwas hinterlassen, woran man sich erinnert.“


Sein Weg bei CTS ist damit nicht zu Ende – im Gegenteil: Florian bleibt dem Team treu.


„Ich nehme nur Positives mit – fachlich, menschlich und technisch. Deshalb bleibe ich auch. Ich glaube, das sagt alles.“

Two wooden cutting boards with a picture of a Robot on them